Wie erfolgt die Regulation der Sicherheitssignale?
Im Evolutionsverlauf wurden Nervenfasern des Gesichtssystems in den Vagusnerv integriert, so dass sich bei erfolgreichem sozialem Engagement gleichzeitig der Herzschlag beruhigt und sympathische Aktivität sinkt, also Wachsamkeit und Verteidigungsreaktionen nachlassen. Das zeigt deutlich, dass bei allen Säugetieren eine Kommunikation zwischen Gehirn und Körper elementar für das Wohlbefinden und das innere Gleichgewicht ist. Das Gefühl von Sicherheit wird körperlich erfahren, über Neurozeption und wird uns normalerweise gar nicht bewusst.
Es wird gegenseitig zwischen Menschen und anderen Säugetieren durch das social engagement system vermittelt und abgestimmt. Zum social engagement system gehören u.a. die Muskeln des Gesichts, die Augen, die uns einen Eindruck von Zugewandtheit, Offenheit, Interesse und Erreichbarkeit des Gegenübers vermitteln. Dazu brauchen wir nur daran zu denken, wie Mutter und Kind einander anschauen oder zwei Liebende. Außerdem sind es Sprache, Melodik und Ausdruckskraft, das Sprechtempo und die Atmung, die uns gleichermaßen Signale der Sicherheit geben.
Interaktionen in Sicherheit waren überlebensnotwendig, weil Säuger abhängig voneinander in sozialen Gruppen leben und auf gegenseitige Unterstützung angewiesen sind. Damit hatten Säuger erstmals in der Evolution Zugang zu Lernen und Spiel, Liebe und Bindung . Und sie hatten die Möglichkeit zu einer schnellen Kampf-Flucht-Reaktion, wenn eine Gefahr erkannt wurde, sowie zu Erstarrung der Reptilien als allerletzte Rettung bei Überwältigung und Unmöglichkeit zu Kampf oder Flucht. Das neue System ermöglichte in der Evolution die Entwicklung noch anderer säugetiertypischer Verhaltensweisen.
Die Aktivität des neuen Systems erlaubt eine starke parasympathische Dominanz, also das Herunterregeln der gesamten physiologischen Aktivität zugunsten von Entspannung, Regeneration und Schlaf, ohne dass der gesamte Organismus in die Erstarrung verfällt. Viele typische Handlungen der Säugetiere verlangen genau das, denn bei Säugern ist Sicherheit notwendig, um zu stillen, Nachkommen zu füttern, zu schlafen, zu verdauen, zu sozialen Kontakten, zur Liebe, zur Sexualität sowie zum sozialen Spiel. Anders können sie als soziale verbundene Gruppe nicht überleben und nicht ihre Nachkommen mit ihrer langen Kindheit großziehen.
Die neue parasympathische Vagusfunktion ermöglicht das alles, da sie die sympathische Aktivität in abgestimmter Weise senkt, vorausgesetzt, das Nervensystem empfängt entsprechende Sicherheitssignale.