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Systemisch-Körperbasierte Entwicklungsbegleitung für Babys und Eltern

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Projekt Babybegleitung im Iris-Familienzentrum Halle/Saale

Aus meiner eigenen Arbeit und aus dem Erfahrungsaustausch mit anderen Kursleiterinnen und Beraterinnen des Iris e.V. wurde deutlich, dass es einen hohen und zunehmenden Bedarf an Beratung bei vielen Eltern gibt hinsichtlich der „norm“gerechten Entwicklung ihrer Kinder, zur Rolle als Eltern und zur Gestaltung der Interaktion mit ihren Babys. Für viele Eltern sind bereits die frühen Interaktionen mit ihren Babys schwierig und von Missverstehen gekennzeichnet. Die Anzahl von „Schreibabys“ und von Kindern mit Regulationsschwierigkeiten nimmt zu. Interaktionsstörungen entstehen aber auch u.a. durch verzögerte Entwicklung, bei Frühchen, durch bestimmte Problemlagen wie schwierige Geburtssituationen, Kaiserschnitt oder Überforderung der Mutter. Diese Situationen sind häufig gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Hilflosigkeit, Verunsicherung und Stress seitens der Eltern, aber oftmals auch durch hohe Erwartungen und Ansprüche der Eltern an sich selbst und wenig familiäre Unterstützungssysteme oder Kompensationen. Alle diese Faktoren bergen eine größere Gefahr, dass der Bindungsaufbau gestört verläuft und dass dysfunktionelle Interaktionsmuster auftreten und sich verfestigen.

Hier setzt das Konzept der systemisch-körperbasierten Entwicklungsbegleitung für Eltern und ihr Baby an. Ich selbst arbeite seit 2003 als Feldenkrais-Pädagogin mit Spezialisierung für die Entwicklungsbegleitung und Entwicklungsförderung von Babys. Immer öfter zeigt sich in diesen Beratungen, dass ich nicht nur mit den Babys an Themen der Bewegungs- und Lernentwicklung arbeite, um Entwicklungsverzögerungen aufzuholen. Sondern ich erlebe in diesen Sitzungen eine große Not der Eltern in der Interaktion mit ihren Kindern, ähnlich auch in den Gruppen von Eltern und Bays ohne Beeinträchtigungen. Daher habe ich die Entwicklungsbegleitung allmählich immer mehr auf den Bereich Interaktion und gegenseitige Regulierung von Eltern und Baby ausgedehnt. Dafür konnte ich neben der Spezialisierung auf viele weitere Elemente der Feldenkrais-Methode zurückgreifen, u.a. auch auf die Eltern-Kind-Schaukel der Feldenkrais Lehrerin Uta Klawitter, auf das somatic experiencing von P. Levine sowie auf die Konzepte der systemischen Arbeit. Daraus entwickelte sich das Konzept der systemisch-körperbasierten Entwicklungsbegleitung.

 

Bei der Entwicklungsbegleitung Säuglingen besteht die besondere Herausforderung darin, auf mehreren Ebenen zu agieren. Einerseits liegt der Fokus darauf, Eltern unter Nutzung somatischer marker, mehr Möglichkeiten für die Interaktion mit dem Baby lernen zu lassen, sie darin zu unterstützen, gelingendere Varianten auszuprobieren und bewerten zu können, wie weit ihre eigenen körperlich-emotionale Befindlichkeit die Interaktion beeinflusst. Dazu ist es nötig, dass Aufmerksamkeitslenkung und Selbstwahrnehmung sich entwickeln. Andererseits liegt der Fokus gleichzeitig auf ihrem direkten Kontakt mit dem Säugling. Auch bei der direkten Interaktion mit dem Baby über Hände und Sprache geht es um die Lenkung von Aufmerksamkeit und um Wahrnehmen der entsprechenden Körperempfindungen durch das Baby. Auch hier findet eine Lernanregung, keine Manipulation, statt. Die Eltern, wie auch das Baby, erleben praktische Responsivität und Feinfühligkeit, an der sie modellhaft lernen können.

 

Ziel ist, die Eltern beim Aufbau gelingenderer früher Eltern-Kind-Interaktionen zu unterstützen. Dazu werden Eltern und Babys gemeinsam eingeladen und die Babys in den Prozess einbezogen, indem ich mit ihnen über Berührungen und Bewegungen nach der Feldenkrais-Arbeit Kontakt aufnehme. Es wurde ein Setting entwickelt, in dem gleichzeitig sowohl mit Eltern als auch mit dem Baby gearbeitet werden kann, wobei die Interaktion mit dem Baby in diesen Sitzungen im Fokus meiner Aufmerksamkeit und der der Eltern steht. Ziel der systemisch-körperorientierte Begleitung ist dabei sowohl für Babys als auch Eltern, Alternativen im Verhalten zu entwickeln, Unterschiede im Handling oder in der Ansprache wahrnehmen zu lernen und sowohl systemisch verbal als auch körperorientiert nonverbal zu kommunizieren. Mit beiden Methoden ist es möglich, die Aufmerksamkeit gezielt auf Unterschiede, auf Handlungsalternativen zu fokussieren und neue Sichtweisen zu ermöglichen. Die nonverbale Kommunikation über geführte Bewegungen lenkt die Aufmerksamkeit und Bewusstheit auf die sonst unbewusst bleibende innere Spannung des Babys, aber auch den hohen Tonus der Bewegungsmuster der Eltern. Sie eröffnen damit Handlungsalternativen und erlauben auf beiden Seiten eine bessere Tonusregulation.

Wenn ich mit dem Baby arbeite, entspannen sich spontan die Eltern mit, und beobachten die Veränderungen im Tonus des Babys. In der Feldenkraisarbeit wird viel mit Momenten der spontanen tiefen Atmung als Zeichen von Entspannung gearbeitet. In der Babybegleitung lernen Eltern, darauf bei sich und ihrem Baby zu achten und wie sie sie gezielt bei sich und dem Baby hervorrufen können. Sie achten auf die tiefen Seufzer und Atemzüge der Entspannung, verweilen dort am Körper mit Händen und nehmen bewusst wahr, dass sie selbst dann auch entspannen. Die Berührungs- bzw. Bewegungsimpulse wirken beruhigend, sie ermöglichen Lernerfahrungen von Berührung, aber auch Regulation, verbunden mit verbalem Dialog. Oftmals berühre ich die Eltern selbst, um sie spüren zu lassen, welche Art von Bewegung oder Berührung wie wirkt und wie sich für sie selbst Entspannung körperlich bemerken lässt. Immer mehr Eltern dazu nicht intuitiv in der Lage, sondern brauchen Anleitung. Indem ich die gegenseitige Affektabstimmung mit der Mutter oder dem Vater praktiziere, spüren sie die Wirkung an sich selbst. Später im Gespräch kann ich dies aufgreifen und reflektieren.

 

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