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Wer Lernen will, muss sich erinnern

Lernen und Gedächtnis sind durch Neuroplastizität möglich, werden durch Stress und Emotionen beeinflusst

Wer lernen will, muss sich erinnern

Die Ergebnisse aller Lernerfahrungen werden in neuronalen Netze verschiedener Areale des Gehirns abgespeichert. Ein wichtiger Unterschied betrifft dabei die Art der Inhalte und die Zugangsweise zu diesen Erinnerungen. Der Psychologie bereits lange bekannt ist das kognitive, explizite Gedächtnis. Es umfasst Faktenwissen, bewusst aufgenommene und sprachlich reproduzierbare, episodische Inhalte. Auch autobiographisches Wissen wird dort abgelegt. Dabei werden Ereignisse in räumlichen und zeitlichen Zusammenhang abgerufen. Die ersten bewussten Erinnerungen entstehen im expliziten Gedächtnis am Ende des Kleinkindalters.

Daneben gibt es ein zweites Gedächtnissystem. Alle Bewertungen von „ suchen“ oder „meiden“ werden im emotionalen Erfahrungsgedächtnis abgespeichert. Es nimmt seine Arbeit bereits vor der Geburt auf. Wesentliche Beziehungsmuster, die vor dem 3. Lebensjahr erlernt werden, d.h. bevor das explizite Gedächtnis arbeitet, werden ausschließlich implizit abgespeichert. Das betrifft auch die frühen Erfahrungen von Angst, Gefahr und Überwältigung. Aber ebenso die Erfahrungen von Freude, Liebe, Vertrauen etc. Das implizite Gedächtnis erzeugt aus vielfältigen Erfahrungen Prototypen und Regeln, allgemeine Kategorien und Arbeitsmodelle für die Erwartungen an die Welt und an sich selbst. Dieses Gedächtnis arbeitet unbewusst und unabhängig von bewusster Erinnerung. Es entsteht vorsprachlich und beinhaltet nichtsprachgebundenes Wissen über Handlungen und Prozesse. Es wird benutzt bei raschen fehlerfreien Leistungen. Ein bewusstes Erinnern an entsprechende Vorerfahrungen ist nicht nötig, oftmals auch gar nicht möglich, denn nicht die konkreten Inhalte sondern das „wie“ etwas getan wird ist gespeichert. Dort werden die Fähigkeiten abgespeichert, die nach dem Erlernen automatisiert durchgeführt werden. Dadurch fungiert es als der innere Autopilot für Gewohnheiten, die automatisiert ablaufen.

Die untere Ebene ist unbewusst, aber bewusstseinsfähig durch Aufmerksamkeit, Langsamkeit und Selbstwahrnehmung. Sie beinhaltet primäre Affekte, Stimmungen, Antriebe etc. Die Cortex-Ebene, die die untere Ebene moduliert, ist bewusstseinszugänglich und enthält Bewertungen, bewusste handlungsleitende Normen, Ziele, Gebote und Verbote, also die sozialen Konstruktionen der Kultur.