Ein wenig Philosophie in der Biologie - oder umgekehrt?
Der Mensch hat durch die außerordentlich hohe Plastizität des Nervensystems besonders große Möglichkeiten für Erkenntnisse, die in das Nervensystem eingespeichert werden und seine Sturktur verändern. Die Anzahl solcher möglicher Vernetzungen ist unermesslich hoch. Sie führt letztendlich zu den sozial hoch entwickelten Systemen, zu Sprache und Selbstbewusstsein.
Wenn wir Wörter als Bezeichnungen von Objekten oder Situationen in der Welt verstehen, geben wir als Beobachter eine Beschreibung, die der Tatsache entspricht, dass Wörter zwischenmenschlich festgelegte Koordinationen von Verhalten sind. „Wir sprechen von (Er)Kenntnis, wenn wir ein effektives oder angemessenes Verhalten in einem bestimmten Kontext beobachten, das heißt in einem Bereich, den wir als Beobachter formulieren.“
Diese Erkenntnisdefinition umfasst sprachliches Erkennen, Logik sowie alle anderen Möglichkeiten nonverbaler Erkenntnisgewinnung. Die typisch menschliche Erkenntninsakte - Kognitionen - funktionieren genauso, sind aber nicht die einzigen Erkenntnisarten. Damit entsteht ein grundsätzlichen begrifflicher Wandel: Erkennen hat nicht mit Objekten zu tun, denn Erkennen ist wirksames Handeln. Es beginnt nicht an einem festem Ausgangspunkt und schreitet mit linearer logischer Erklärung fort, sondern ist kognitiv zirkulär. Erkennen bildet nicht die objektive Realität ab, sondern bringt unsere Welt hervor. Körper und Geist sind untrennbar miteinander verwoben.
Die Integration von Körper und Geist findet ihren begrifflichen Ausdruck im Konzept der somatischen marker, d.h. von Körperempfindungen, mit denen das Gehirn Entscheidungen trifft. Die Identität zwischen Erkennen und Handeln ist offensichtlich –was immer wir in irgendeinem Bereich tun, sei es etwas Konkretes wie das Gehen oder etwas Abstraktes wie philosophische Reflexion, bezieht unseren gesamten Körper mit ein.
Unter Embodiment (Verkörperung) versteht man, dass der Geist (also Verstand, Denken, das kognitive System, Psyche) mitsamt seinem Organ, dem Gehirn, immer in Beziehung zum gesamten Körper steht. Geist und Körper wiederum sind in die restliche Umwelt eingebettet. Bewusstheit entsteht weder im Geist immateriell noch im Körper materiell sondern als Wechselwirkung von Gehirn und Körper als spezifische Eigenschaft der sozialen Kopplung in Sprache. Der Fluss unserer Erfahrungen wird von Zusammenhängen und von Operationen unseres Nervensystems gelenkt, zu denen wir als Beobachter keinen Zugang haben und die wir nicht aus dem Blickwinkel eines unabhängigen Beobachters sehen können.