· 

Ein wenig Philosophie...3

Emotionale Bewertungen bei stimmigen Entscheidungen ermöglicht durch somatische Lernmethoden wie Feldenkrais

Ein wenig Philosophie - Wie somatische marker den Erkenntnisprozess unterstützen

Es existieren inzwischen weitreichende Forschungen zur Bedeutung von Körperempfindungen und -gefühlen als Entscheidungsgrundlage und Bewertungssystem für Handlungen. Dazu zählt das Konzept der somatischen marker: Somatische marker sind Körperempfindungen, die bestimmte Handlungen als angenehm oder unangenehm bewerten und damit Entscheidungsprozesse  schneller und stimmiger beeinflussen, als allein rationale Erwägungen.

Die somatischen marker der Körpersprache werden im Organismus durch das autonome Nervensystem vermittelt. Sie ermöglichen eine Konstruktion der persönlichen Realität über Körperempfindungen und innere Bilder. Wir empfinden dadurch schnell und klar, ob wir jemanden mögen, ob uns eine Situation angenehm ist oder nicht...

Emotionen definieren im Organismus „dynamische strukturelle Muster, als entscheidende Schritte für Interaktionen, die zu den übereinstimmenden Aktionen im sozialen Lebens führen.“ (Maturana, 267) „Jede Emotion (Furcht, Zorn, Traurigkeit..) ist eine biologische Dynamik mit tiefgreifenden Wurzeln die gewisse strukturelle Muster definiert. Jede Emotion ist damit ein Schritt zu Interaktion, die in verschiedene Bereiche der operationalen Kohärenz (Flucht, Kampf…) führt.“ (Maturana, 267)

Emotionsforschung gibt es erst seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Sie hat gezeigt, dass fundierte Entscheidungen nur unter Berücksichtigung emotionaler Qualitäten möglich sind. Emotionen dienen zur Bewertung von Entscheidungen jeglicher Art im Dienste von sinnvoll, hilfreich oder gefährlich und lösen entsprechendes Verhalten aus. Sie stellen damit ein ganz wichtiges Kriterium für die evolutionäre Auslese dar.

Sprache hat nonverbale Aspekte, sie ist im lebendigen Gespräch von Körpersprache begleitet. Ein Gespräch stellt einen unglaublich raffinierter Tanz von Koordinationen dar, die der Steuerung des Verhaltens dienen. Dabei enthält es wichtige nonverbale, emotionale Anteile. Im Unterschied dazu beteiligt die Schriftsprache nur den logischen Teil der reinen Wortmitteilung und ist daher auch reduziert und häufiger missverständlich, weil die unterliegende nonverbale Kommunikation fehlt.Noch mehr trifft das für digitale Medien zu.

Wenn alle biologischen Kanäle für Erkennen genutzt werden, dann wird Denken zu einem mehrdimensionalen, eigenem sinnhaftem, wirksamem Tun, an dem Empfinden, Wollen, Wahrnehmen und Sprechen beteiligt sind. In diesem Akt wirksamen Handelns wird eine Welt konstruiert. Dieser Prozess wird gleichzeitig innerlich spürbar, er wird körperlich spürbar als Gefühl von Stimmigkeit, als Zufriedenheit, wenn richtige, befriedigende Worte gefunden werden.

Aufmerksames Erspüren ist ein körperlicher Prozess, der Erkenntnis bringt. Das dabei Erkannte kann verschieden mitgeteilt werden: bildhaft, musikalisch, sprachlich, aber eben nicht nur sprachlich. Nichtlogisches Erkennen beruht auf der Erkennung von Mustern/Metaphern. Es wird auch als assoziatives, intuitives Denken bezeichnet. Dazu schreibt Gerald Edelman, Neurowissenschaftler, Nobelpreisträger: „Meiner Ansicht nach gibt es zwei Hauptformen des Denkens: Logik und Selektionismus (Mustererkennung) Sie sind beide sehr leistungsstark, aber vor allem die Mustererkennung hat ein kreatives Potenzial…Mit Hilfe der Logik kann man Theoreme beweisen, die man in Computer eingegeben hat, aber keine Entscheidung für ein Axiom treffen. Sie ist andererseits nützlich, um ein Ausufern der kreativen Musterbildung zu verhindern. Bereits das vorsprachliche Gehirn arbeitet mit Mustererkennung … Die Logik hilft uns wie gesagt, das Wuchern der Kreativität unter Kontrolle zu halten, ist aber nicht im selben Masse schöpferisch. Man könnte sagen, das Prinzip des Selektionismus regiert unser Denken, während die Logik auf die Ordnung achtet. Unser bewusstes Erleben gibt uns eine Ahnung davon, wie diese zwei Formen des Denkens gegeneinander ausbalanciert und wie unendlich vielgestaltig die ihnen zugrundeliegenden neuronalen Substrate sind.“

Verbale und nonverbale Erkenntnis zusammen ergeben ethische Antworten und begründete Sichtweisen, die sich in einem Erleben von Stimmigkeit bei der Auswahl einer Handlungsmöglichkeit unter vielen zeigen.

Das Bedürfnis nach einer solchen umfassenden Erkenntnisweise als Gegenentwurf zur reinen Logik hat Mitte des vorigen Jahrhundert in Europa zur Entstehung mehrerer somatopsychischer Lern- und Erkenntnismethoden geführt, die hier aus Platzgründen nur genannt sein sollen. Als wichtigste und bekannteste sind das die Alexander-Technik, Eutonie Gerda Alexander und die Feldenkrais-Methode. Sie vertreten einen umfassenden Erkenntnisansatz, der von M. Feldenkrais als organisches Lernen bezeichnet wurde. Inzwischen hat sich als Oberbegriff für alle Methoden die Bezeichnung somatopsychisches Lernen, Erkennen mit allen Sinnen, etabliert.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0